BOINC@ARM
BOINC auf der ARM Plattform
ARM Prozessoren finden sich heutzutage in immer größerer Zahl in immer mehr Einsatzbereichen wieder. Seien es Smartphones, set-top Boxen, NAS oder Single Board Computer wie der Raspberry Pi, ihre Zahl wächst ständig. Oft verfügen diese Geräte bereits über Multikernprozessoren und laufen dank geringem Energieverbrauch mehr oder weniger 24/7, damit eigentlich ideal für BOINC.
Von Nischenbetriebssystemen abgesehen, teilt sich die ARM Welt grob in 2 Teile. Der Großteil der ARM Systeme kommt sicherlich mit Android vorinstalliert, schlanke Linuxbasierte ARM-Systeme sind jedoch ebenfalls breit verfügbar. Letztere lassen sich einfach für eigene (Selbstbau-)Projekte verwenden und sind daher bei Bastlern beliebt.
Obwohl Android im Kern auf Linux basiert, kann es keine Linux@ARM Anwendungen ausführen, das gleiche gilt im Umkehrfall. Im Idealfall bietet ein Projekt also für beide Umgebungen eigene Anwendungen an.
Welche Projekte unterstützen ARM
Erste Anlaufstelle kann die offizielle BOINC Projektübersicht sein. [1] Projekte mit Androidunterstützung sind dort mit dem grünen Androidroboter, Anwendungen für Linux@ARM (Raspberry Pi, Odroid u.a.) mit einer Himbeere gekennzeichnet.
Auch WUProp gibt Aufschluss welche Projekte auf ARM laufen, zudem weist es die Rechenzeiten auf verschiedenen Geräten aus.
[2]
Jenseits der offiziellen seitens des Projektes, gibt es auch im ARM Umfeld die Möglichkeit selbst kompilierte oder gar optimierte Anwendungen per app_info.xml zu verwenden.
So hält (Stand Mai 2016) der Blog Burde View [3] zB. Linux@ARM Anwendungen für die Projekte Subset SUM, theSkyNetPOGS & Milkyway@home bereit.
Tipps und Tricks
BOINC auf Android installieren
Stand Mai 2016 gibt es 2 BOINC Clients für die Android Plattform, beide können über den Google Play Store bezogen werden. Langfristig "empfehlenswert" ist derzeit der offizielle BOINC Client aus Berkeley. Leider fehlen hier gegenüber dem großen BOINC Einstellungsmöglichkeiten und auch der RPC Zugriff zur Fernverwaltung.
NativeBOINC - seit 2013 nicht mehr weiterentwickelt, läuft daher nicht auf aktuellen Android Versionen (> 5.0).
Wer noch Geräte mit altem Softwarestand hat, kann sich auf umfangreichere Einstellungsmöglichkeiten und auch RPC Zugriff freuen.
32bit Anwendungen auf 64bit Linux OS verwenden
64bit Plattformen wie die Odroid C2 mit 64bit Ubuntu bekommen ohne weiteres von Projekten keine Arbeit zugewiesen.
Im Log findet sich dann folgende Meldung:
Message from server: This project doesn't support computers of type aarch64-unknown-linux-gnu
Hier hilft es dem Server vorzugaukeln, es handele sich um eine herkömmliches ARM System. Dies geschieht über einen Eintrag in der cc_config.xml:
<options> <alt_platform>arm-unknown-linux-gnueabihf</alt_platform> </options>
Anschließend muss der BOINC Client durchgestartet werden.
Unter Umständen wird man nun keine Arbeit für native 64bit Anwendungen bekommen, Stand Mai 2016 gibt es diese aber ohnehin noch nicht.
Für Yoyo sollte auch das Paket 'libsfstdc++6' nachinstalliert werden.
Einstein@home einrichten bei nicht erkannter NEON Unterstützung
Auf Odroid C2, sicher auch anderen Computern kommt es vor das die NEON Erweiterung nicht erkannt wird. Dies führt dazu das vom BOINC Server eine unoptimierte Binary ausgeliefert, bei Einstein@home erzeugt diese zudem noch reihenweise Berechnungsfehler.
Auch hier kann man sich mit dem anonymous plattform Mechanismus behelfen, folgende Zeilen sind als app_info.xml im Verzeichnis /var/lib/boinc-client/projects/einstein.phys.uwm.edu/ abzulegen:
<app_info> <app> <name>einsteinbinary_BRP4</name> </app> <file_info> <name>einsteinbinary_BRP4_1.47_arm-unknown-linux-gnueabihf__NEON_Beta</name> <executable/> </file_info> <app_version> <app_name>einsteinbinary_BRP4</app_name> <version_num>147</version_num> <file_ref> <file_name>einsteinbinary_BRP4_1.47_arm-unknown-linux-gnueabihf__NEON_Beta</file_name> <main_program/> </file_ref> </app_version>
</app_info>
Die Einsteinanwendung ist manuell zu laden, anschließend wird BOINC neu gestartet um die Konfigurationsdatei einzulesen. Die folgenden Kommandos sollten dazu als root ausgeführt werden:
cd /var/lib/boinc-client/projects/einstein.phys.uwm.edu/
wget http://einstein-dl3.phys.uwm.edu/download/einsteinbinary_BRP4_1.47_arm-unknown-linux-gnueabihf__NEON_Beta
chmod 755 einsteinbinary_BRP4_1.47_arm-unknown-linux-gnueabihf__NEON_Beta
chown boinc:boinc einsteinbinary_BRP4_1.47_arm-unknown-linux-gnueabihf__NEON_Beta
service boinc-client restart
BOINC sollte die app_info nun erkennen, dies lässt sich im BOINC Log leicht nachvolllziehen.
Bereits für ältere Anwendungsversionen geladene Workunits gehen hierbei verloren, es sind neue anzufordern.
Welche Projekte laufen am besten
Analog zur x86 Welt profitieren jene Projekte am meisten, die eine gute Linuxunterstützung haben. Universe@home und SubsetSum@Home (ein Citizen Science Grid Unterprojekt) laufen unter Linux signifikant schneller, eine schnelle ARM CPU kann es hier fast mit Windows basierten Hosts aufnehmen. Projekte wie WCG oder WuProp (die interne Medaillen vergeben), profitieren natürlich ebenfalls von vielen, wenn auch langsamen Kernen.
Welche Hardware ist empfehlenswert
Natürlich ist jede abgelieferte Arbeitseinheit wichtig, langfristig zählt für viele Cruncher aber auch die Effizienz bzw. wieviel Durchsatz pro eingesetztem € möglich ist.
Neben den Anschaffungskosten für den Minicomputer, kommen hier i.d.R. noch eine hochwertige SD Karte, die Stromversorgung (1x 2A USB Port + Kabel), ein LAN-Kabel und auch ein Switch Port hinzu. Gehen wir einmal von zusammen 15€ für diese zusätzlichen Komponenten aus.
Da diese Kosten pro Platine anfallen, relativieren sie den Preis von vermeintlichen "Schnäppchen" wie zB. dem Orange Pi PC.
Letzterer wird zb. als Quad Core 1.6GHz verkauft, läuft aber nur mit 1.2GHz und großzügiger passiver Kühlung "BOINC-stabil". Der verbaute Allwinner H3 Prozessor basiert zudem auf relativ langsamen ARM Cortex A7 Kernen. Alles in allem bleibt eine Geschwindigkeit zwischen Raspberry Pi 2 und 3. Hochtaktende A53 Kerne (64bit ARMv8) oder gar die performanten Cortex A15 & A17 (32bit ARMv7) sowie Cortex A57 & A72 Kerne (64bit ARMv8) rechnen nicht selten um den Faktor 2 schneller. Um auf deren Produktionsrate zu kommen, müssten mindestens 2 Orange Pi PC (je 14€) eingesetzt werden. Dazu kommen je 2 mal Speicher, Energie und Netzwerk. Schnell sind 58€ zusammengekommen. Ein einzelner, jedoch ebenso schneller Odroid C2 mit 4 Cortex A53 Kernen (2GHz) würde mit ca. 63€ zu Buche schlagen, seinen Passivkühler bereits mitbringen und den halben Administrationsaufwand bedeuten. Ähnlich könnte man nun den Odroid C2 gegen den Odroid XU4 abwägen, letzterer nutzt einen 8-Kern Prozessor der auf 4 Cortex A15 2Ghz und 4 Cortex A7 Kerne zurückgreifen kann. Damit zeigt er ca. den 1.5x-2x Durchsatz bei knapp dem doppelten Preis, ohne bisher die Speicher und die Kabelei berücksichtigt zu haben.
Wie auch in der x86-Welt gilt es zu vergleichen, um schließlich den besten Prozessor + Ecosystem zum angemessenen Preis zu finden. Zur groben Einordnung der per-Core-Performance bitte folgenden Artikel konsultieren: Relative performance of ARM Cortex 32bit and 64bit cores
Grob lässt sich sagen dass Stand 2016 minimum Quad Core Cortex A9 oder A53 (Amlogic S905) empfehlenswert sind, besser noch Quad Core A17 (Rockchip RK3288), Octa Core A53 (Rockchip RK3368) oder BIG.little CPUs wie der Mediatek MT8693, die 2 sehr schnelle A72 und 4 gute A53 Kerne bieten.
Folgend eine grobe Einschätzung aktuell verfügbarer Systeme (work in progress):
Single board computer
Name | Prozessor | RAM | OS | Einschätzung |
Orange Pi One OrangePi Mini Orange Pi PC Orange Pi 2 Orange Pi Plus |
Allwinner H3 4x1.6GHz A7 |
0.5-2 GB | Linux & Android 4.4 | Eher schlechte Performance (zwischen RPi2 und 3), läuft nur mit 1.2GHz stabil. Linuxkernel 3.4 zu alt für Collatz. Kaum Herstellersupport. Vertrieb nur über aliexpress. |
Raspberry Pi 2 | 4x 0.9GHz A7 | 1 GB | Linux | Eher schlechte Performance, neu kaufen lohnt angesichts des verfügbaren Pi3 nicht |
Raspberry Pi 3 | 4x 1.2GHz A53 | 1 GB | Linux | Mittlere Performance, ansonsten das ARM-Referenzsystem schlechthin.
Alle Linux@ARM Projekte sollten problemlos laufen |
Odroid XU4 | SAMSUNG Exynos 5422 4x2.0 GHz A15 + 4x 1.4GHz A7 |
2 GB | Linux & Android 4.4 | Sehr gute Performance, derzeit schnellstes Board am Markt. Benötigt Aktivkühlung. |
Odroid C2 | Amlogic S905 4x2.0 GHz A53 |
2 GB | Linux & Android 5.1 | Gute Performance, 64bit Plattform erfordert teils app_info.xml um Arbeit zu bekommen |
Banana PI | x | x | x | |
Android TV Boxen
Name | Prozessor | RAM | OS | Einschätzung |
Z68 TV Box | RK3368 8x1.5GHz A53 | 2 GB | Android 5.1 | noch unterwegs, sehr gute ~1.5x Odroid C2 performance? |
Q8 TV Box | RK3288 4x1.8GHz A17 | 2 GB | Android 4.4 | Sehr schnell, gute Verwaltung durch NativeBOINC Passivkühler verwenden! |
Androidboards oder TV-Boxen basierend auf Intel Prozessoren sind derzeit nicht zu empfehlen, es gibt für diese keine BOINC-Anwendungen.
Anregungen für Unterartikel
Systemoptimierungen (abschaltbare Services, entfernbare Pakete)
Verwaltung einer ARM Farm
Hardwarethemen zu Kühlung, Stromversorgung, Gehäuse etc...